Interview mit Andreas Ruch, Präsident Industrie- und Handelskammer Zentralschweiz IHZ (rechts) und Adrian Derungs, Direktor Industrie- und Handelskammer Zentralschweiz IHZ (links)
Adrian Derungs (AD): Herzlich willkommen zum Jahresbericht der Industrie- und Handelskammer Zentralschweiz IHZ. Wir sind zu Gast in einer der schönsten Produktionshallen in der Zentralschweiz bei Pilatus Aircraft. Die Flugzeuge, die Sie hier sehen, tragen Zentralschweizer Qualität in die ganze Welt hinaus. Und das Weltgeschehen hat uns auch im vergangenen Jahr stark beeinflusst – wir erleben stürmische Zeiten.
Andreas Ruch (AR): Ja, mit Unsicherheiten und Veränderungen. Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten. Hinzu kommt die Blockbildung zwischen den USA und China. Dazwischen sucht Europa seine Rolle, worauf wir dann auch noch kommen. Und da sind die USA, die einen neuen Präsidenten haben, der mit Strafzöllen droht. Das sind alles Unsicherheiten, bei denen man noch nicht weiss, wohin die Reise geht. Von daher war es aus globaler Perspektive ein anspruchsvolles Jahr.
AD: 2024 war der Auftakt zu dem, was wir in den kommenden Monaten und Jahren erleben werden. Du hast die Strafzölle angesprochen: Die Entwicklungen beobachten wir genau, da dies viele unserer Mitgliedsunternehmen betrifft. Dabei befindet sich Europa – wie von dir erwähnt – zwischen den grossen Blöcken, ein Europa, das leider im Moment nicht mehr die Strahlkraft hat, die wir uns für den ganzen Kontinent wünschen würden.
Ich erinnere mich hier besonders an das Wirtschaftsforum, an Bundesrat Guy Parmelin.
AR: Er hat auf dem Pilatus eine Analogie aus dem Sport erwähnt. Die USA und China sind auf dem Fussballfeld; sie spielen gegeneinander und versuchen, Tore zu schiessen. Europa hingegen sieht sich in der Rolle des Schiedsrichters. Die Pointe dabei: Der Schiedsrichter hat noch nie einen Fussballmatch gewonnen.
AD: Guy Parmelin machte sich stark für ein Europa, das weniger reguliert und wieder wirtschaftsfreundlichere Rahmenbedingungen sicherstellt. Das hat auch Auswirkungen auf die Schweiz. Wenn Deutschland und Frankreich in wirtschaftlichen und politischen Krisen sind, dann wird es auch für die Schweiz herausfordernd.
AR: Das letzte Jahr war für die Schweiz aus wirtschaftspolitischer Sicht kein Topjahr. Wir haben drei wirtschaftsrelevante Abstimmungen verloren, angefangen mit der 13. AHV-Rente. Wir hatten die BVG-Reform, die abgelehnt wurde, und den der Autobahnausbau, ein wichtiges Infrastrukturprojekt, das leider auch abgelehnt wurde.
Aus wirtschaftspolitischer Sicht müssen wir sagen: Wir haben den Draht zur Bevölkerung verloren. Daran müssen wir intensiv arbeiten. Wir müssen schauen, dass eine positive Grundhaltung gegenüber der Wirtschaft vorherrscht.
AD: Ich hoffe sehr, dass der Draht nicht ganz verloren geht. Dafür braucht es natürlich auch Sie, geschätzte Mitglieder! Es ist wichtig, dass auch Sie mit Ihren Mitarbeitern im Austausch sind, dass Sie ihnen erläutern, wie sich wirtschaftspolitische Entscheide auf ihr Geschäft auswirken, was Sie brauchen, damit ihr Unternehmen im Wettbewerb erfolgreich ist, und wo der Schuh drückt. Wir sind an der Schnittstelle zwischen Wirtschaft, Gesellschaft und Politik, um zu kommunizieren, was es braucht, damit die Schweiz langfristig erfolgreich bleibt.
Gerade in herausfordernden Zeiten ist es für uns als kleine Volkswirtschaft notwendig, dass wir selber nach Lösungen suchen und gute Partnerschaften eingehen.
AR: Wenn wir auf die IHZ schauen, haben wir im Jahr 2024 ein sehr gutes Jahr gehabt, ein stabiles Jahr. Herzlichen Dank an dich als Direktor, aber auch an dein Team der Geschäftsstelle. Ihr habt wiederum einen hervorragenden Job gemacht. Wir bekamen sehr viele positive Rückmeldungen von unseren Mitgliedern. Das freut uns sehr!
AD: Wir sind ein kleines, aber feines Team. Es macht Spass, in diesem Team zu arbeiten. Wir haben zum Beispiel das Wirtschaftscockpit ausgebaut, das viele Aussagen darüber macht, wie die Zentralschweiz unterwegs ist, und dies auch in belastbaren Zahlen abbildet.
Wir organisierten rund 20 Anlässe. Und wir haben noch nie so viele Carnets ATA (Zolldokumente) ausgestellt. Wir haben ein gutes, erfolgreiches Jahr hinter uns.
Einen Höhepunkt möchte ich noch speziell erwähnen: die IHZ-Generalversammlung, die wir im Urnerland abhalten durften. In einer sehr schönen Industriehalle, auf die wir stolz sein dürfen in der Zentralschweiz – wir waren zu Gast bei dir, bei der RUCH AG.
AR: Ja, das war mit Bundesrat Rösti und Vincent Ducrot, dem CEO der SBB. Wir durften der Zentralschweiz zeigen, was die RUCH AG macht. Das hat uns stolz gemacht.
AD: Mit Blick auf die gesamte Wirtschaft war 2024 für die Zentralschweizer Wirtschaft kein einfaches Jahr. Wir hatten im Sommer einen Einbruch, obwohl wir zu Beginn des Jahres mit einem etwas optimistischeren Jahresverlauf gerechnet hatten. Zum Glück gab es gegen Ende des Jahres bei den Aufträgen und der Produktion, gewisse Branchen ausgenommen, nochmals eine deutliche Verbesserung.
AR: Wir führten unter den Vorstandsmitgliedern der IHZ zum Jahresbeginn 2025 wie jedes Jahr eine strukturierte Umfrage durch. Bei der Mehrzahl der Vorstandsmitglieder war das Jahr 2024 ein sehr gutes Jahr. Selbstverständlich mit den globalen Unsicherheiten, die wir anfangs schon erwähnt haben. Aber grundsätzlich kann man sagen: Die Zentralschweizer Wirtschaft ist stabil und schaut zuversichtlich ins Jahr 2025.
AD: Für Sie, liebe IHZ-Mitglieder, gibt es in diesem digitalen Jahresbericht einiges zu entdecken. Ich glaube, es ist wichtig, dass wir auch in diesen herausfordernden Zeiten die Chancen sehen. Und auch in Zeiten mit grosser Unsicherheit bieten sich viele Möglichkeiten für die Schweiz, besonders auch für die Zentralschweiz.
AR: Wir sehen das unter anderem in solchen Hallen wie hier, aber auch sonst in den Zentralschweizer Unternehmen. Es wird investiert, man hat Visionen und Ideen. Darum auch der Aufruf an alle Mitglieder: Sagt, was ihr macht, was ihr für einen Beitrag für die Gesellschaft leistet: Tue Gutes und sprich darüber.
AD: Für eine starke Zentralschweizer Wirtschaft, für eine starke Zentralschweiz auch im Jahr 2025.